EU-Gesetze zur unternehmerischen Sorgfaltspflicht
Am 15. März 2024 wurde im Europäischen Rat eine Einigung zur Corporate Sustainability Due Diligence Directive (CSDDD) erzielt. Mit dieser EU-Lieferkettenrichtlinie sollen länderübergreifend einheitliche und verbindliche Regelungen geschaffen werden, die EU- und Nicht-EU-Unternehmen dazu verpflichtet, menschenrechts- und umweltbezogene Sorgfaltspflichten in ihrer Wertschöpfungskette zu verankern.
Die Einigung enthält u.a. folgende Eckpunkte:
- Anwendungsbereich:
→ 2027 (3 Jahre nach Inkrafttreten)
Unternehmen mit
– mind. 5.000 Mitarbeitenden &
– mind. mind. 1,5 Mrd. EUR Jahresumsatz
→ 2028 (4 Jahre nach Inkrafttreten)
Unternehmen mit
– mind. 3.000 Mitarbeitenden &
– mind. 900 Mio. EUR Jahresumsatz
→ 2029 (5 Jahre nach Inkrafttreten)
Unternehmen mit
– mind. 1.000 Mitarbeitenden &
– mind. 450 Mio. EUR Jahresumsatz
- Das Konzept von Hochrisikosektoren wurde vorerst gestrichen. Zunächst war vorgesehen, dass der Anwendungsbereich sich auch auf nicht betroffene Unternehmen bei Tätigkeit in einem Risikosektor erstreckt.
- Die CSDDD verpflichtet Unternehmen, menschenrechtliche und bestimmte umweltbezogene Risiken in ihren Wertschöpfungsketten zu ermitteln, Präventions- und Abhilfemaßnahmen zu ergreifen und darüber zu berichten. Die sogenannte „Aktivitätskette“ umfasst Tätigkeiten der vorgelagerten unmittelbaren und mittelbaren Geschäftspartner eines Unternehmens im Zusammenhang mit der Herstellung von Waren oder der Erbringung von Dienstleistungen durch das Unternehmen.
- In der nachgelagerten Lieferkette fallen Tätigkeiten der direkten Geschäftspartner eines Unternehmens im Zusammenhang mit Transport, Lagerung und Vertrieb unter die Sorgfaltspflichten der CSDDD, wenn Geschäftspartner diese Aktivitäten für oder im Namen eines Unternehmens ausführen.
- Neben menschenrechtlichen Sorgfaltspflichten umfasst die CSDDD auch die Vermeidung bestimmter negativer Umweltauswirkungen in der Lieferkette, wie z.B. die Beeinträchtigung der Biodiversität, der Handel mit gefährdeten Arten oder die Meeresverschmutzung. Die Annexe der Richtlinie beinhalten die international verpflichtenden Abkommen zu den geschützten Menschenrechten und Umweltabkommen.
- Für Unternehmen der Finanzwirtschaft umfasst die Aktivitätskette nur die vorgelagerten Geschäftspartner und nicht die nachgelagerte Wertschöpfungskette. Das Kerngeschäft der Finanzwirtschaft, etwa das Angebot von Investmentprodukten oder die Vergabe von Krediten fällt somit nicht unter die Sorgfaltspflichten der CSDDD.
- Zivilrechtliche Haftung: Die CSDDD sieht eine zivilrechtliche Haftung vor, wie sie bereits nach geltendem Recht in Deutschland möglich ist. Bei transnationalen Sachverhalten gilt das Recht der EU-Mitgliedsstaaten statt wie bislang das Recht des Schadensortes im Ausland. Unternehmen haften demnach nur für eigenes Verschulden und nur für vorhersehbare und vermeidbare Schäden. Unternehmen, die sich im Rahmen ihrer Möglichkeiten bemüht haben, haften nicht.
- Für den Fall der Nichteinhaltung sind Sanktionen bis maximal 5 % des Nettojahresumsatzes vorgesehen.
Ziel der Verordnung
Mit der neuen Verordnung gelten unternehmerische Sorgfaltspflichten für den Handel mit Soja, Palmöl, Rindern, Kaffee, Kakao, Kautschuk und Holz sowie daraus hergestellten, im Anhang I der Verordnung genannten Erzeugnissen. Damit dürfen die Rohstoffe und Erzeugnisse nur dann in Verkehr gebracht, auf dem Markt bereitgestellt oder exportiert werden, wenn
- sie entwaldungsfrei sind,
- sie nach den einschlägigen Rechtsvorschriften des Erzeugerlandes erzeugt wurden und
- für sie eine sogenannte Sorgfaltserklärung vorliegt.
Das bedeutet, dass relevante Rohstoffe nicht auf Flächen produziert worden sein dürfen, auf denen seit dem 31.12.2020 Entwaldung oder Waldschädigung stattgefunden hat. Die Verordnung ist am 30. Juni 2023 in Kraft getreten und gilt für große Unternehmen ab dem 30. Dezember 2025 und für Kleinst- und Kleinunternehmen ab 30. Juni 2026.
Welche Unternehmen sind betroffen?
- Marktteilnehmer: jede natürliche oder juristische Person, die im Rahmen einer gewerblichen Tätigkeit relevante Erzeugnisse in den Verkehr bringt oder ausführt
- Händler: jede Person in der Lieferkette mit Ausnahme des Marktteilnehmers, die im Rahmen einer gewerblichen Tätigkeit relevante Erzeugnisse auf dem Markt bereitstellt
- Die Regelungen gelten auch für Landwirte, Waldbesitzer und Händler in der EU, sobald sie die relevanten Rohstoffe und Erzeugnisse auf dem EU-Markt bereitstellen oder exportieren.
Welche Sorgfaltspflichten müssen umgesetzt werden?
Die Sorgfaltspflicht umfasst die Sammlung von Informationen, zu denen auch Daten zur Geolokalisierung der Erzeugungsflächen zählen, Maßnahmen zur Risikobewertung und, falls notwendig, Maßnahmen zur Risikominderung. Neben der Risikobewertung zur Entwaldung und Waldschädigung müssen die Rohstoffe und Erzeugnisse im Einklang stehen mit den Gesetzen des Ursprungslands und mit in der Verordnung spezifizierten, elementaren Menschenrechten produziert worden sein. Auf Grundlage der Informationssammlung und Risikobewertung müssen Unternehmen vor Inverkehrbringen oder Ausfuhr relevanter Rohstoffe eine Sorgfaltserklärung elektronisch über das EU-Informationssystem übermitteln und die Einhaltung der Verordnung bestätigen.
Für weitere Informationen zur Verordnung für entwaldungsfreie Lieferketten klicken Sie hier.
Ziel der Verordnung
Die Verordnung über ein Verbot von in Zwangsarbeit hergestellten Produkten ist am 13. Dezember 2024 in Kraft getreten. Die Verordnung sieht ein generelles Verbot des Inverkehrbringens und Bereitstellens auf dem Unionsmarkt (auch aus Drittländern) sowie der Ausfuhr von in Zwangsarbeit hergestellten Produkten aus dem Unionsmarkt vor.
Wer ist betroffen und welche Produkte werden verboten?
Der Vorschlag gilt für alle in Zwangsarbeit hergestellten Produkte, die in der EU in Verkehr gebracht und auf dem Markt bereitgestellt oder aus der EU ausgeführt werden. Der neue Rechtsakt wird alle Industriezweige erfassen und ist gültig ab dem 14. Dezember 2027.
Durchsetzung
Für Unternehmen entstehen keine neuen Sorgfaltspflichten. Bei Verdacht auf Zwangsarbeit, ermitteln und bewerten die zuständigen (nationalen) Behörden die Verstöße gegen die Verordnung anhand der folgenden Kriterien:
- Ausmaß und Schwere der mutmaßlichen Zwangsarbeit
- Menge der Produkte, die auf dem Unionsmarkt in Verkehr gebracht oder auf dem Unionsmarkt bereitgestellt werden
- Anteil der Teile im Endprodukt, die wahrscheinlich in Zwangsarbeit hergestellt wurden
- Nähe der Wirtschaftsakteure zu dem mutmaßlichen Zwangsarbeitsrisiko in ihrer Lieferkette sowie ihre Möglichkeiten zur Beseitigung dieses Risikos
Zur Bewertung möglicher Verstöße gegen diese Verordnung wird die Kommission eine Datenbank einrichten, die überprüfbare und regelmäßig aktualisierte Informationen über das Risiko von Zwangsarbeit in bestimmten Gebieten oder in Bezug auf bestimmte Produkte enthält.
Die EU-Batterieverordnung ist am 17. August 2023 in Kraft getreten und betrifft alle Wirtschaftsakteure (Hersteller, Produzenten, Importeure und Vertreiber), die Batterien jeglicher Art auf dem EU-Markt in den Verkehr bringen.
Sorgfaltspflichten
Um soziale und ökologische Risiken zu identifizieren und zu vermeiden, müssen Wirtschaftsakteure im Bereich der Batterieindustrie (insb. Erstinverkehrbringer) mit einem Jahresumsatz von mindestens 40 Millionen Euro ab dem 18. August 2025 Sorgfaltspflichten in der Lieferkette erfüllen und kommunizieren. Dabei müssen die betroffenen Unternehmen 1) ein Managementsystem einrichten, 2) ein entsprechendes Risikomanagement umzusetzen und 3) sorgfaltspflichtenbezogene Informationen offenlegen. Dies betrifft die Lieferketten von Kobalt, Graphit, Lithium, Nickel und einigen anderen in Anhang X aufgeführten Rohstoffen. System und Plan werden von einem unabhängigen Dritten, einer „notifizierten Stelle“ überprüft.
Neben der Bereitstellung wesentlicher Produktinformationen (Lebensdauer, Ladekapazität, Haltbarkeit, chemischer Zusammensetzung, gefährlichen Inhaltsstoffen und Sicherheitsrisiken) durch Etiketten bzw. einen Batterie-Pass und einer erleichterten Austauschbarkeit von Akkus, soll es bei Batterien künftig Mindestanforderungen an Haltbarkeit, Leistungsfähigkeit, CO₂-Fußabdruck und Recyclinganteil geben.
Weitere Informationen zur EU-Batterieverordnung finden Sie hier.
Seit dem 1. Januar 2021 müssen EU-Einführer von Zinn, Tantal, Wolfram und Gold Sorgfaltspflichten bezüglich ihrer Lieferketten aus Konflikt- und Hochrisikogebieten einhalten. Ziel ist es, die Finanzierung von Konflikten durch Rohstoffe und Menschenrechtsverletzungen bei der Gewinnung und Verarbeitung von Rohstoffen entlang der Lieferkette einzudämmen.
Weitere Hintergrundinformationen zur EU-Konfliktminerale-Verordnung finden Sie hier.
Wir stehen Ihnen für Fragen rund um die Themen CSR, nachhaltige Lieferketten und CSR-Risikomanagement gerne zur Verfügung:
Downloads und Links
EU-Lieferkettenrichtlinie (CSDDD)
Corporate Sustainability Due Diligence Directive – EU-Kommission
FAQ der EU-Kommission
Fragen & Antworten zur CSDDD – CSR in Deutschland
Richtlinientext der CSDDD
Verordnung für entwaldungsfreie Lieferketten
Umsetzung der EUDR – Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung
Leitfaden zur EUDR-Anwendung
FAQ der EU-Kommission
Verordnung für entwaldungsfreie Produkte (Gesetzestext)
Entwaldungsfreie Lieferketten – Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft
Initiative nachhaltige Agrarlieferketten
Implementation of the EU Deforestation Regulation (EU-Commission)
EU observatory on deforestation and forest degradation
OECD-FAO Business Handbook on Deforestation and Due Diligence in Agricultural Supply Chains
Verordnung für in Zwangsarbeit hergestellte Produkte
Presseerklärung des Europäischen Rats vom 19.11.2024
EU-Verordnung über ein Verbot von in Zwangsarbeit hergestellten Produkten (Gesetzestext)
Hintergrundinformationen zu in Zwangsarbeit hergestellten Produkten
EU-Batterieverordnung
EU-Batterieverordnung (Gesetz)
EU-Konfliktminerale-Verordnung
Deutsche Kontrollstelle EU-Sorgfaltspflichten in Rohstofflieferketten (DEKSOR)
OECD-Leitfaden für die Erfüllung der Sorgfaltspflicht zur Förderung verantwortungsvoller Lieferketten für Minerale aus Konflikt- und Hochrisikogebieten
Due Diligence Guidance for Responsible Mineral Supply Chains (OECD)
Regelmäßig aktualisierte, indikative Liste von Konflikt- und Hochrisikogebieten (CAHRAs)
Conflict Minerals Regulation (EU-Kommission)
EU-Konfliktminerale-Verordnung (Gesetz)
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